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Mönchguter Heimatabend in Baabe auf Rügen

Retrospektive zum 4. Mönchguter Heimatabend im Haus des Gastes am 23. und 24. November 2019

Der „Mönchguter Heimatabend“ in zwei Aufführungen ist Geschichte. Anspannung bis zur letzten Minute, und dann zieht einer den Stöpsel – und pfieefff – fällt die ganze Schauspielmannschaft ermattet auf sich zurück.

Glücklich, weil alles bestens gelaufen – traurig, weil plötzlich alles vorbei ist. In die Stille hinein höre ich meine Nachbarin fragen: „Und was mache ich nun jeden Dienstagabend?“. Denn an diesem Tag war Probe, allabendlich von 18 – 20 Uhr, abgesehen von einer Sommerpause, fast ein Jahr lang, unglaublich…

Mammutprogramm bis zur Generalprobe

Ja, wir hatten uns ganz schön aneinander gewöhnt und gemeinsam die Klippen gemeistert vom anfänglichen, kollektiven Unverständnis. Von „Wo ist hier eigentlich ein roter Faden zu erkennen?“ über „Wie soll ich die Szene denn darstellen?“ zu „Lass man, wir machen das schon!“.

Bis fast zum Schluss, wirklich bis fast zur Generalprobe, stand immer wieder ein „Darsteller-Loch“ dick und breit auf der Bühne, wurden Texte verwechselt, Auftritte vertauscht und Liedeinsätze derart versemmelt, dass ich mir oft das berühmte Mauseloch gewünscht hätte, um einfach mal so zu verschwinden.

Das war harte Arbeit, keine Frage. Und es war ein Mammutprogramm mit kompliziertem Szenenwechsel zwischen Darsteller, Chören, Rezitatoren – komplette Bilder einer historischen Hochzeit auf Mönchgut.

Ein Besucher dieser Aufführung kam abends zu mir und fragte sehr beeindruckt: „Und das alles habt ihr in der Schulaula geübt? Wie habt ihr dieses große Geschehen nur dort hinein bekommen?“.

Tja – man darf die Mönchguter nicht unterschätzen!

Das begriff ich auch, von Probe zu Probe, immer intensiver: Hatte die ganze Truppe anfangs ziemlich orientierungslos herumgestanden, und waren nur mühsam zu schauspielerischen Gesten zu bewegen, (von freier Improvisation ganz zu schweigen), und wurde ich anfangs schon manches Mal mutlos, geriet das ganze Unterfangen immer flüssiger zu ihrer eigenen Sache.

Alle übernahmen im Spiel die Geschichte Mönchguts, die Traditionen ihrer besonderen Halbinsel. Aber das Faszinierendste war, sie spielten sich selbst, tatsächlich!

Verblüfft konnte ich beobachten, wie jeder Akteur in die ihm zugedachte Rolle schlüpfte und authentisch zu dem wurde, was er darstellen sollte.

Nein, es hätte niemand anderes die „Bittersch“ spielen können, keiner besser gewusst, was eine „Ankleiderin“ zu tun hat, die beiden „Butenschenker“ waren unersetzlich, die „Köökschen“ absolut kochecht. Die Gästepaare spielten sich differenziert neben dem Elternpaar der Brautleute, die Mönchguter Tänzer fanden zu ihrem schweren, erdverbundenen Frohsinn wie eh und je.

Vom Brautpaar ganz zu schweigen – feierlich ließen sie sich trauen und fanden immer noch Zeit zur Neckerei. Kein Wunder – war ja nicht ernst gemeint, die Verheiratung…

„Wat de een sin Uhl, is den annern sin Nachtigall“

Und dennoch: „Wat de een sin Uhl, is den annern sin Nachtigall“, denn ich habe hier zwei Nachrichten – die Gute kam zuerst und wurde beschrieben, die zweite, weniger gute Nachricht, ist die Sicht auf die Dinge:

Muss wirklich immer ein wenig Klamauk dabei sein, um einen ganzen Saal zu amüsieren? Muss eine Veranstaltung Varietecharakter bekommen, damit es die Leute von den Stühlen holt? Sind Musikeinlagen unerlässlich, die als Gassenhauer auch im Bierzelt gespielt werden könnten? Sollte man –gerade bei Veranstaltungen dieser Art – nicht gründlicher auf den historischen Hintergrund achten und sorgfältig eine deutliche Grenze ziehen zwischen Volkskunde und Folklore?

Haben wir da eine Chance vertan, um sorgfältig und gründlich historisches Wissen an den modernen Zuschauer der Gegenwart zu bringen?

Viele Fragen um eine schwieriges Thema – denn, sie könnten alle fortgewischt werden durch die Tatsache: „Der Erfolg gibt uns Recht!“.

Und ganz sicher ist der eine Anspruch an die Nachtigall nicht vereinbar mit dem berechtigten Dasein der Eule, aber wichtig sind sie beide, und das Interessante wäre wohl, sie klug zusammenzuführen.

Ist das vielleicht eine neue Arbeitsaufgabe für ein neues Drehbuch? Schauen wir, was zum nächsten Mönchguter Heimatabend entstehen wird, denn eins ist sicher: „Allen Leuten Recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann!“. Packen wir es an.

Bilder einer Aufführung vom Mönchguter Heimatabend

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