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Unterwegs nach Finnland

Blogger 20. Oktober 2018Oktober 22nd, 2018Finnland, Reiseberichte, Rügen-Blog, Schweden

Dichter Wald im Prismalicht

Muss man bis nach Finnland reisen, um endlich mal wieder im Wald zu stehen?

In einem dichten Wald ohne Ende? Nein, muss man natürlich nicht.

Dieses Gefühl von lebendiger Einsamkeit könnte, wenn auch nur sehr partiell, im südlichen Deutschland, im Bereich des Schwarzwaldes, abgerufen werden. Doch wenn man dort auf Menschen in ihrer Einsamkeit trifft und auf deren Dialekt, dann wandelt sich das Empfinden in fatales Fremdsein. Das ist nicht so gut, das Gefühl von fremd im eigenen Land.

Warum nicht Schweden?

Der Reisende, auf dem Weg nach Finnland, kann natürlich auch einfach in Schweden bleiben. Wald ohne Ende? Aber – Hallo! Doch dort gelingt es dem Wanderer verhältnismäßig kultiviert, Wege zu finden, die sogar als Wanderroute ausgeschildert sind, um dann, in bewaldeter Einsamkeit, auf ein Häuschen zu treffen.

Das ist – den Leser wird’s nicht wundern – aus Holz, rotbraun angestrichen und mit weißen Fenster – und Giebelbrettern abgesetzt. Das kann ihm öfter passieren. Eigentlich am laufendem Band, so dass der Wanderer unterwegs bald nicht mehr weiß: „Bin ich an diesem Gehöft schon mal gewesen, oder nicht?“.

Tja, das ist eben Schweden. Wie versteht man ein Land, in dem ein Haus dem anderen gleicht? Nun – einfach genießen. Die entspannte Fröhlichkeit, die Bilderbuchidylle vom Haus am See, die verblüffende Anzahl blonder, langhaariger Frauen. Und mit etwas Selbstdisziplin gelingt es auch, den Anflug von Neid zu ignorieren, der den Betrachter streifen könnte beim Anblick der vielen, privaten Inselchen, natürlich mit Häuschen, aus Holz, rotbraun angestrichen…

Geplante Route nach Finnland

Unsere Route war wie folgt geplant: ab Trelleborg über Karlskrona (nur für eine Übernachtung, unbedingt sehenswert) Richtung Stockholm. Mitten im Sörmland, ungefähr 170 km von Stockholm entfernt, ein Aufenthalt von 9 Tagen.

Von Stockholm sollte die Fähre nach Turku in Finnland weitergehen. Der nächste Aufenthalt war im weiteren Umkreis von Helsinki gebucht, wobei dieser „Umkreis“ mit finnischer Großzügigkeit von Weite gemessen werden muss – heißt: 2 Autostunden entfernt.

Warum gerade Helsinki?

Nun, mein Mann hatte vor genau 30 Jahren als Mitarbeiter von Ulrich Müther* in Vantaa, bei Helsinki, eine Baumaßnahme betreut und ausgeführt. Dieses Gebäude, ein Planetarium, war inzwischen Teil eines Science Centers, das bis heute als eines der wichtigsten Wissenschaftsmuseen Skandinaviens gilt.

Das sogenannte „Heureka“ ist ein riesiges Zentrum, ein „Mitmachmuseum“ nicht nur für Kinder, mit Spezialkino und Experimentalanlagen. Zu Zeiten der DDR bei diesem Bau dabei gewesen zu sein, das alleine war Grund zu schauen, was von den damaligen Plänen umgesetzt worden ist.

Finnisches Licht

Aber, und dieser Anlass war treibende Kraft, es war das finnische Licht, diese einmalige Helligkeit und Klarheit, von der mir mein Mann immer wieder erzählte. Dieses Licht hatte ihn damals besonders fasziniert.

„Du guckst, wie durch ein Prisma, das kannst du Dir nicht vorstellen“, sagte er mir. Und was man sich nicht vorstellen kann, sollte man erleben. Drum – ab nach Finnland.

Reise über das Södermanland in Schweden

Um diese Reise sinnvoll und entspannt zu gestalten, hatten wir eine längere Etappe in Schweden eingeplant. Das Feriendomizil sollte möglichst günstig auf der Route zur Weiterfahrt mit der Fähre nach Turku aus Stockholm stationiert sein und – das war meine Bedingung – am See und in interessanter Umgebung liegen.

Gesucht und gefunden im Södermanland, auch Sörmland genannt.

Als Sörmland wird das Gebiet südwestlich von Stockholm bezeichnet und erfasst die Städte Oxelösund und Nyköping im Süden, Nynäsham und Trosa im Osten, nördlich die Stadt Södertälje und im Westen Katrineholm bis zum großen See Hjälmaren.

Baden, Wandern, Angeln – das sind die drei wichtigsten Dinge, die hier im Urlaub zu erledigen sind. Wunderschöne Waldgebiete und verträumte Seen machen Sörmland aus.

Und Pilze.

Noch niemals in meinem Leben sah ich eine derartige Anhäufung von Pilzen.

Und nicht nur viele.

Auch unglaubliche große Exemplare.

„Pilze, groß wie Melkhocker“.

Alles scheint hier größer zu sein als Zuhause:

die Birken, die Hirsche, die Äpfel und natürlich die Pilze.

Und Elche.

Tatsächlich stand ein Prachtexemplar auf einem Felsvorsprung und lugte ins Land – zum See hinunter.

Ich sah ihn im Vorbeifahren und jubelte los: „Ein Elch, ich habe einen Elch gesehen!“. Der Fahrer wendete das Auto sofort, aber der Elch hatte zeitgleich die Kurve gekratzt.

Dafür begrüßte uns sehr gründlich und in sehr „deutscher Manier“ eine weiße Katze, mitten im Niemandsland. Aber, bei Katzen wundert man sich über gar nichts mehr.

Am Fägeltorn – Aussichtsturm zur Vogelbeobachtungt

Unmittelbar neben unseres Ferienhäuschens stießen wir, ganz zufällig, auf ein unscheinbares Hinweisschild: Fägeltorn. Vogelturm?

Jawohl! Ein hochinteressanter Wanderweg über Schilf und Moorgebiet, ein Holzbohlenweg, einsam und verschwiegen, führte zu einem 8 Meter hohen Aussichtsturm, der offensichtlich ornithologischen Forschungszwecken diente.

Wir fanden ein Tagebuch, in welchem eingetragen war, welche Vogelart wann und wo und wie hier zu finden sei bzw. geniestet hat.

Von den mindestens 20 Vogelarten waren uns nur 3 bekannt.

Versteht sich von selbst, dass wir am folgenden Abend, bestückt mit Rotwein und Fernglas, diesen wunderbaren Aussichtspunkt noch einmal aufgesucht haben.

Und zwar bis in die stockfinstere Nacht.

Mehr als 3 Vogelarten kennen wir immer noch nicht. Aber, wir wissen, wie es sich anhört, wenn Biber am Ufer bauen oder waren es Wildschweine? Keine Ahnung, wie es uns gelungen ist, den Weg zurück zu finden. Bitte, nicht noch einmal.

Ausflug in die schwedische Stadt Trosa

Diese kleine Museumsstadt ist eine Überraschung. 1610 gegründet, 150 Jahre später abgebrannt und sorgfältig wiederaufgebaut, hat sie den idyllischen und romantischen Charakter eines Ferienkurortes bewahren können.

Kleine Häuschen mit Apfelbaum im Vorgarten wechseln zu gutbürgerlichen Pensionen und Cafestübchen, der museale Kern des kleinen Städtchens zeigt Puppenstubenflair. Die Häuschen, das ist deutlich zu erkennen, werden sorgfältig gepflegt, sind allesamt bewohnt und dienen als lebendige Kulisse für authentisch dargestellte Geschichte.

Spätestens als ich vor dem „Marzipangarden“ stehe und nur noch süße Mandeln schnuppern kann, ist Widerstand zwecklos.

Es ist zauberhaft hier!

Ein Gartentor musste ich unbedingt fotografieren. Denn, der Besitzer eines prächtigen Apfelbaumes in seinem Garten, hatte das Tor so diagonal ausgesägt, dass ein Jeder im Vorbeigehen in seinen Privatbereich schauen konnte und sollte!

Ach, Deutschland. Deine übermannshohen Zäune und Hecken. Das wäre dir nicht im Traume eingefallen.

In einer kleinen Weinstube kaufen wir uns ein Fläschchen, einfach, weil sich dieses Weingut selber auf die Schippe nimmt und, wie immer, endet der Tag in einer übermächtigen Pilzsause.

Ich kann nicht anders als zu sammeln, ich kann dieser Edelmischung aus Steinpilz und Marone nicht aus dem Wege gehen. Jetzt werden sie schichtenweise in der Backröhre getrocknet, für den Weihnachtsbraten Zuhause. Schweden – ich werde dankbar deiner großzügigen Gaben gedenken!

Museum Julita gård am See Öljaren

Dieses Freilichtmuseum am See Öljaren ist eine dringliche Empfehlung für alle, die wissen wollen, wie man hier vor Jahrhunderten im Sörmland gewohnt hat, wie gebaut, wie sich ernährt, kurz: wie fing hier alles angefangen hat.

Von der Urbarmachung des Waldlandes, der ersten Besiedelung, der sozialen, politischen und ökonomischen Veränderungen, alle Themen zeigen die großzügigen, didaktisch-einfühlsamen Ausstellungen.

Vom einfachsten Bauernhaus bis zum Herrenhaus und gutsbäuerlichen Anwesen kann man Geschichte direkt erleben – und betreten. Alle Gebäude wurden im Original versetzt und wieder aufgerichtet.

Zu empfehlen ist auch die agrarhistorische Ausstellung jenseits des Freilichtmuseums und jenseits des Parkareals. Sie ist kurzweilig, hochinteressant und umfassend informativ für Besucher jeden Alters.

Beeindruckend ist die Erkenntnis, unter welchen Bedingungen dieses Land nutzbar gemacht worden ist, unter welchen Mühen und ungeheuerlichen Anstrengungen.

Übrigens kann der Besucher auf dem Gelände des Museums Julita gård Äpfel und Birnen sammeln, so viel er tragen kann. Kein Verbotsschild, nur ein Hinweis am Obstgartenterrain, auf die Äste zu achten, die übervoll und überschwer der Früchte unvermittelt abbrechen könnten. „Was größer ist als eine Laus, nimm mit nach Haus“.

In diesem Sinne lieber eine Beule am Scheitel, als ohne Äpfel vom Acker. Mein Mann verdreht die Augen und ist sauer, ich bin ihm mal wieder zu maßlos.

Die Insel Vinön in Schweden

Wieder eine Insel. Na und? Was soll daran Besonderes sein? Sind hier in Schweden nicht überall irgendwo irgendwelche Inseln? Doch – sind. Aber keine wie diese.

Nördlich von Vingaker, im See Hjalmaren zu finden, ist sie eine Oase der (Lebens)-Künstler, Freizeitgenießer und Rentenaussteiger in akzeptabler Distanz zur Hauptstadt.

Die Fähre funktioniert kostenlos, ansonsten wie ein Linienbus. In gut 30 Minuten legt sie am kleinen Inselhafen an und dann ist man sofort Inselmensch. Ich kenne das Gefühl von Zuhause, bei der Überfahrt nach Hiddensee. Vorausgesetzt, es ist dort, wie hier, Spätsommer und fast Saisonende. Und man ist so gut wie alleine.

Allein mit der Natur und den zauberhaften Sommerhäuschen, die durchaus nicht in Luxus, aber so typisch schwedisch-gemütlich in der Insellandschaft kuscheln.

Und man sieht: dieses Inselleben hat Tradition und zeigt etablierte Aussteigerkultur. Vielleicht war VINÖN tatsächlich eine Künstlerkolonie? Die Hauptstadt ist nicht fern und einige der Häuschen zeigen ein sehr individuelles Profil. Leider finde ich keine Hinweise in der örtlichen Beschilderung, ich erspinne mir meinen Gedankenteil.

Eine befestigte Straße führt gerade über das Inselchen. Für Wanderer wird der Weg am Ufer entlang empfohlen.

Wir nehmen diese Empfehlung gerne an und geraten in einen Urwald. Wilde Natur rundum. Der Trampelpfad lässt uns über bemooste Felsen und Absperrungen (Wildgrenze?) klettern und gibt dann nach gefühltem stundenlangen Marsch die Belohnung für diesen Härtetest frei: Naturhafenidylle und Friede am Strand, kleine Boote, Sonnenbänke aus Holz.

Kaum ein Mensch ist zu sehen.

Was Wunder. Alles ist schon eingepackt, die ausgewiesenen Restaurationen geschlossen. Gut so. Was sich hier in der Hauptsaison abspielt, darüber besteht kein Zweifel. Für uns war es wie ein Ausflug in den Privatgarten eines sehr toleranten Monarchen mit Sitz in der Hauptstadt Stockholm.

Überfahrt von Stockholm nach Turku

Dieses ist gewiss: nicht einen Cent bereue ich die Buchung einer Luxuskabine auf der Fähre (Viking Line) nach Turku. Und um es hier gleich noch mal zu bestätigen: auch die Rückfahrt von Helsinki nach Stockholm mit der Tallink Silja-Fähre sollte man unbedingt per gehobenem Luxus genießen.

Sicher, bei der Buchung wird deutlich mehr Geld verlangt als ein Check-in inklusive Doppelstockkabine. Aber, wer diese Überfahrt als womöglich einmaliges Erlebnis wertet, der wird in seiner Entscheidung absolut belohnt.

Die „bessere“ Wohnkabine befindet sich nämlich nicht ganz unten, über dem Parkdeck und den Maschinenräumen, sondern hoch oben, gleich unter dem Sonnendeck. Ein breites Panoramafenster erlaubt direkten Blickkontakt zum Ufer (stellenweise in greifbarer Nähe) oder auf die zauberhafte Weite der Schäreninsel-Welt.

Alles ist im Preis inbegriffen, auch das Frühstück am anderen Morgen, oben, unter dem Sonnendeck und schon wieder staunend am Panoramafenster.

Und hier war es dann zum ersten Mal, dieses wundervolle, prismatische, klare Licht des Nordens. Sonnenunter- und -aufgang, die Schönheit der Farben zwischen Himmel und Wasser verschlug allen Beobachtern die Sprache. Wortlos und auffallend behutsam bewegten sich selbst dieser Sorte Reisende an Deck, von denen man Turbulenzen im Massenauftritt gewöhnt ist.

Die Minibar ist komplett bestückt und erfüllt auch Sonderwünsche. Mit einem Gläschen Sekt auf dem Bett zu lümmeln und in die Meeresweite zu sehen, das hat schon was! Und da diese Tour – die Fährverbindung von Helsinki nach Stockholm – 16 Stunden dauert, ist reichlich Zeit zum Schauen, Staunen und Genießen. „Märchenhaft“, das trifft es genau, diese Inselwelt mit ihren Anwesen, Bootsstege, Lauben, Brücken und Brückenhäuschen. Was für ein Leben – wie scheinbar weit ab jeder Hektik und Mühe, eine absolut unaufgeregte Idylle.

Finnland – lebensberuhigte Zone

Und zwar überall. Ob in Turku oder Helsinki oder mitten in der finnischen Pampa, überall kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Autos langsamer fahren und die Menschen entschleunigter leben.

Polizei sieht und hört man überhaupt nicht und die Hunde scheinen nicht zu bellen. Außerhalb der Städte hören die Autos ganz auf zu sein und bevor man einen Menschen trifft, findet man eher einen See.

Apropos: Land der tausend Seen? Lächerlich und weit untertrieben, es sind tatsächlich mehrere tausende Seen, die Finnlands Gesicht überziehen, wie Sommersprossen.

Märchenhafte Ferien im finnischen Traumhaus

Unser Ferienhaus ist ein finnisches Traumhaus mitten im „grünen Herz“ Finnlands, bei Tampere. Ein Holzbohlenhaus am See. Etwas sehr geräumig für uns beide, aber, wir genießen diesen überraschenden Luxus.

Große Fenster geben direkten Kontakt zum spiegelglatten See, der Grillhütte davor, dem Bootssteg und dem kleinen Strand. Zu den Perlhühnern, den Tauchenten, dem Schwanenpaar mit ihren Teenagern, Kranichen und den Wasserrosen.

Auf der anderen Seite Blick in den Wald hinein – hohe, gerade Stämme Mischwald.

Und täglich Besuch vom Bunt- oder Schwarzspecht und einem rabenschwarzen Eichkater, den wir „Morchen“ nennen.

Und jeder Tag, der uns begrüßte, schenkte uns dieses besondere, klare, durchscheinende Licht.

Da war es wieder.

Einmalig!

Die Tage vergehen in Stille.

Baden, Lesen, Grillen.

Und natürlich Pilzebraten.

Abends versuchen wir die Nachrichten im Fernsehen zu deuten. Keine Chance bei dieser Sprache.

Manchmal versuchen wir zu wandern, auch keine Chance bei diesen Wäldern. Das Dickicht steht vor uns, wie ein Mann. Wenn es gelingt, einige Meter in den Wald hineinzukommen, dann nur, weil eine Radspur vom Holzholen es gestattet. Und dies nur bis zur Arbeitsstelle. Schluss mit lustig. Also suchen wir uns die Straßen, die alle, mehr oder weniger befestigt, in stundenlanger Einsamkeit zu einem See führen – und zu einem Häuschen.

Angelhütte vom Sommer? Mitnichten.

Nicht nur einmal sehen wir, dass diese Hütte bewohnt wird. Bewohnt von einem Menschen im gleichen Alter, wie in etwa das Haus. Wie funktioniert das? Wird hier auch in aller Stille gestorben?

Modell „Alter Finne“ – Altenpflege in Finnland

Nachgefragt! Unsere Recherche ergibt folgenden interessanten Sachverhalt: In Finnland übernehmen die Kommunen, vorwiegend im ländlichen Bereich, die Sorge und Pflege ihrer alten Mitbewohner.

In Finnland existiert ein staatliches System, nach dem alte, einsame Menschen in ihren Häusern verbleiben dürfen und von Pflegekräften betreut und versorgt werden.

Mit Essen auf Rädern und gleichermaßen mobilen Haushaltshilfen oder medizinischem Fachpersonal. Oft sind es rüstige Rentner aus dem weiteren Siedlungsgebiet, die ihre Altersbezüge auf diese Weise aufpäppeln, die sich auch untereinander kennen, verfügbar sind und verantwortungsvoll. Weil sie wissen: wir sind die Nächsten.

Das ganze System ist perfekt organisiert, wird kontrolliert und abgerechnet. Wir staunen nicht schlecht. Wissen aber auch, dass es so nicht übertragbar ist, für Deutschland schon gar nicht. Aus vielerlei Gründen.

Besuch in Helsinki – Hauptstadt von Finnland

Zu dieser Stadt ist nicht viel Aufregendes zu sagen. Natürlich, die lutherische Domkirche, weithin sichtbar auf einem Granitfelsen erbaut, leuchten die weißen Stufen, die weißen Türme.

Fast gegenüber liegt der Hafen von Helsinki mit seinem bunten Treiben. Dafür sorgen die Ausflugsdampfer, die Fähren und der Hafenmarkt. Dort drängeln sich die Touristen um Rentierfelle, Wollsocken und Lammfell-Handschuhe.

Etwas ruhiger sitzt man in der alten Markthalle, die hat es sich bewahrt, das Flair um 1900. Dort kann man wundervollen Lachs kaufen, zubereitet in allen erdenkbaren Variationen und zu allen nur möglichen Preisen. Dort gibt es prima Kaffee, handgebackenes Brot und beste Ansicht auf jede Sorte Mensch.

Helsinki – Zwischen Tradition und Moderne

Ein Rundgang bis zur Felsenkirche ist absolut zu empfehlen. Diese Kirche ist ein kleines Wunderwerk, eine der schönsten modernen Kirchen Skandinaviens, die tatsächlich nicht, wie sonst üblich, in die Höhe errichtet, sondern in den Felsen hinein gesprengt wurde. Die Akustik ist beeindruckend. Wir stehen lange still und lauschen der Orgelmusik.

Auf dem Weg dorthin hatte ich mir eine „Design- und Boutique-Straße ausgesucht.

Ich wollte wenigstens im Vorbeigehen ein wenig finnisch shoppen.

Dieses Ansinnen löste sich in kürzester Zeit auf in Luft.

Ich habe weder Mode – noch Schuhgeschäfte erspähen können…

Was ich den zurückhaltenden, verhältnismäßig bedürfnislos gekleideten finnischen Frauen nicht anlasten möchte.

Sicher war ich in der falschen Straße.

Dafür findet man sie, die vielen Denkmäler, Skulpturen, Gedenksteine, die Helsinki ausmachen.

Und die mächtigen Häuser und Hauszeilen, erdrückend mitunter, übermächtig. Sie erinnern an Stalin-Bauten und das ist ein weniger freundliches Bild.

Lustiger ist das junge Volk, das an vielen Ecken ihre Weltmusik zelebriert, unbeschwert und schwungvoll. Ich war bei Weitem nicht die Einzige, die tanzte…

Wissenschaftszentrum „Heureka“ – Wiedererkennen in Vantaa

„Guck mal, das haben wir damals gemacht…“.

Dreißig Jahre sind ein langer Zeitraum, wenn sie begrenzt von Anfang bis zum Ende, als Lebensabschnitt, zu betrachten sind.

Vor genau 30 Jahren war mein Mann als junger Ingenieur dabei, als diese Großbaustelle bei Helsinki, das außergewöhnliche Wissenschaftszentrum „Heureka“ entstand.

Vor genau 30 Jahren nahm der Innenausbau der Planetariumskuppel unter seiner Regie Gestalt an. Nun stand er dort und es war berührend zu sehen, wie die Erinnerung gegenwärtig wurde.

Jeder Handgriff war parat, jeder Moment in dieser Bauetappe, die Schwierigkeiten, die Anforderungen und wie dann alles ein gutes Ende nahm. Denn jetzt wie damals funktioniert das große Planetarium als Zentrum visueller Technik, ist Bestandteil einer mächtigen futuristischen, wissenschaftlich funktionierenden Anlage.

Doch, da kann so ein kleiner Ingenieur aus der damaligen DDR, von der Insel Rügen, schon stolz sein.

Denkmal als Machtsymbol

Auch in Finnland ist es nicht anders als überall auf der Welt: die Kirchen und der Staat rivalisieren um Vormacht.

Auf dem Weg zur Burg Hämeenlinna entdecken wir hinter riesigen Natursteinmauern die alten, kleinen Dorfkirchen, wie sie im nördlichen Europa überall zu finden sind: Natursteinsockel, lehmgebrannte Ziegelwände, Schiefer- oder Holzschindeldach.

Und in gepflegter Ruhe rundherum die Gräber mit ihren Andachtssteinen, die Geschichten erzählen. Ein langes Wort könnte ein Satz sein. Wir buchstabieren laut die Namen, um die Wortmelodie verstehen zu lernen.

Am Ortsrand sehe ich das Gebäude vom Dorfmuseum. Leider nicht mehr aktiv, aber ein stabiler, alter Holzbau. Erleichtert registriere ich die Bezeichnung „Museo“ über der Eingangstür. Na, damit kann ich etwas anfangen.

Bei „Luostarinmäen käsityöläismuseoki“ komme ich ins Grübeln.

Ausflug nach Hämeenlinna

Sehr zu empfehlen ist ein Ausflug nach Hämeenlinna. Das kleine freundliche Städtchen ist Verwaltungszentrum des Bezirks Südfinnland und man kann interessante Holzarchitektur, allerdings erst nach einem Brand 1831 wiedererrichtet, entdecken. Nur unweit des Marktes steht das Geburtshaus von Jean Sibelius und gibt Auskunft über den berühmtesten Sohn der Stadt.

Über allem aber erhebt sich die Burg Hämeenlinna. Die Lage am Seeufer ist wunderschön, die Parkanlagen, Wege und Spielplätze sehen aus, als würden sie nicht benutzt, alles ist blitzeblank.

Und die Burg ist geschlossen, weil Reparatur- und Restaurierungsarbeiten anstehen. Weit und breit kein Mensch.

Deshalb wagen wir es, durch die Absperrung den Wall hoch zu klettern, auf diesen einzigartigen Rundumblick will ich nicht verzichten. Dort oben versteht man den Sinn dieser Verteidigungsanlage gegen das Nowgoroder Reich, gegen den Osten sowie die Manifestation einer starken, wirtschaftlichen und politischen Macht.

Verschiedene Herrscher gaben der Burg in verschiedenen Bauetappen über mehr als 800 Jahre auch unterschiedliche Nutzungsinhalte.

Eine Dokumentation zu dieser bewegten Historie ist sinnvoller Weise auch dort angebracht, wo heimliche Besucher, wie wir, nicht weiter vordringen können.

Dafür bin ich dankbar. Wir brauchen nicht völlig ahnungslos von dannen ziehen.

Der Blick zurück auf das richtige, echte Katzenkopf-Steinpflaster, wie es nur noch selten zu finden ist, ist eine Sicht auf bodenständige Geschichte.

Da kann ich ihn wieder anbringen, meinen Seufzer: „Wenn Steine reden könnten!“.

Fazit: Eine Woche Urlaub in Finnland reicht nicht

Kurz, das Land ist zu groß für eine Woche Urlaub. Aber, wir haben reingeschnuppert und ein Gefühl dafür bekommen, wie es sich hier leben könnte.

Und wir haben es gesehen, das wundervolle finnische Prismalicht. Wie sich Farben klar überlagern ohne Konturen zu verwischen und wie sich weite Blicke öffnen bis zum Erkennen. Immer möchte ich so sehen können. Auch im Alltag, auch zu Hause, jeden Tag.

Was denkt Ihr? Schreibt es uns!