Meine „Traum-Symphonie“ in Grün und Blau oder: hier läuft man richtig rund
Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole, aber – ich kann es nicht oft genug sagen – unser Grüner Rundwanderweg durch das Göhrener Hövt im Südosten der Insel Rügen sollte Landeskulturerbe werden.
Warum? Weil der Wanderweg ohne Übertreibung einmalig schön ist, weil hier jeder die besondere Lage vom Ostseebades Göhren praktisch erleben und begreifen kann, weil ein Jeder in der Mischung von Wasser und Wald (Blogbeitrag: Waldbaden in Göhren auf Rügen) gesundet und weil – obwohl es ja eigentlich immer nur geradeaus geht – der Orientierungssinn tüchtig gefordert wird.
Wandern in Göhren auf Rügen: Eine Sackgasse
Wasser mal rechts, mal links? Mal Südstrand, mal Nordstrand? Wo ist jetzt Göhren?
„Dumm gelaufen.“, sagte kürzlich eine Wandersfrau in Selbstironie zu mir, nachdem sie im Hövt herumgeirrt war und ich sie dort wieder fand, wo sie mich vor einer guten Stunde nach dem Weg gefragt hatte.
„Ich bin einfach immer geradeaus gegangen“, sagte sie zu mir, „und dennoch im Kreis gelaufen – ist Göhren eine Sackgasse?“.
Gar nicht schlecht beobachtet, habe ich ihr bescheinigt und – jawohl – das Göhrener Hövt ist eine Sackgasse. Wer weiter will, muss wieder zurück, denn Göhren ist wie die Nase im südöstlichen Gesicht der Insel Rügen. Und wer „den richtigen Riecher hat“ als Urlauber in Göhren, der geht wenigstens einmal diesen Rundwanderweg.
Wanderweg an der Hövtstrasse in Göhren
Wir beginnen unsere kleine Wanderung (Gesamtwanderweg ca. 2,5 km) in der Hövtstrasse, laufen an Einfamilienhäusern vorbei Richtung Osten und machen Stopp am „ Salzweg“. Dieser „Soltwech“ ist eine schmale Drift zum Südstrand hinunter mit Hinweistafel und der Info, dass hier unten am Ufer ein wichtiger Fischereistandort war. Hier wurden die reichen Heringsfänge gesalzen und zum Transport verarbeitet und hier sind Reste der alten „Schwedenbrücke“ zu erkennen – eine Verladebrücke der Schweden für Nachschub, Anlandung und Ausschiffung der Truppen.
Wer jetzt, statt Wanderweg, lieber den wunderschönen Naturstrand, unseren Südstrand besuchen möchte, der bleibt einfach hier – alle anderen folgen weiter östlich der Straße, bis zum Wende- und Schlusspunkt.
Hier ist unser „Balkon“. Hier steht man ihr gegenüber, der atemberaubenden Weite der Ostsee. Aber Achtung: hier geht der Blick frei auf den Greifswalder Bodden Richtung Südperd (Thiessow), links ist die Insel Oie, rechts der „Ruden“ auszumachen, kurze Verschnaufpause und Orientierung wird dringend empfohlen.
Weiter geht’s.
Radfahrer schließen hier ihr Gefährt an.
Per pedes (zu Fuß) erleben wir die Vielfalt im Eichen-Rotbuchenhochwald, in der Krautschicht, Springkraut und Waldmeister.
Am Wegrand zahlreiche Frühlingsblüher: Waldsauerklee, Maiglöckchen, Waldschattenblume, Buschwindröschen.
Und Stille unter dem hohen Blätterdach.
Ruhe für die Rehe, die oft und sehr zutraulich hinter dem Gebüsch zu beobachten sind.
Deshalb: dringend Hunde anleinen!
Kleiner Hochuferpfad am Südufer
Jetzt führt der Weg direkt nach Osten zur Hövtspitze von Göhren. Wer gern alleine geht und dabei den Blick zum Wasser halten möchte, der nutzt einen der vielen schmalen Tierpfade, die bis an die Uferkante führen. Hier kann ungestört gesungen oder einfach nur ein Dankgebet für so viel Schönheit ins Universum geschickt werden – nur bitte nicht bis an die Kante treten – auch, wenn der Ausblick lockt, überall droht Abbruch und Absturzgefahr!
An der Hövtbank
Hier an der Hövtbank kann wieder Stopp gemacht und der Blick zum Südperd, Richtung Thiessow gewendet werden. Man sieht Segler auf ihrer Tour nach Greifswald oder, in die entgegengesetzte Richtung, auf dem Weg nach Sassnitz.
Diesem Letzten folgen wir auf unserem Hochuferpfad und können, bei vorsichtiger Nutzung kleiner Sichtschneisen zum Wasser hin, die Steinsetzung der Göhrener Mole erkennen.
Schutzhütte an der Hövtspitze
So, Halbzeit und halbe Strecke geschafft. Wir sind an der Spitze des Nordperds. Jetzt führt uns der Weg nach Norden, zurück nach Göhren und am Hochufer des Nordstrandes entlang.
Vorher aber Stopp an der einzigen Schutzhütte am Wege, mit Tisch und Bank und den zahlreichen eingeritzten Informationen, das nicht nur Mandy, sondern auch der Sven und der Ronny hier waren.
Die dämlichsten Waldschrate haben versucht, auf der Holztischplatte Feuer zu machen.
Wir, die hier fast täglich vorbeikommen, haben uns angewöhnt, gleich einen Gelben Sack parat zu haben, für die zivilen Reste dieser ignoranten Sorte Mensch.
Hier konnte vor Jahren ein Abstieg zur Molenspitze genutzt werden, bevor er, wegen Absturz- und Abbruchgefahr gesperrt werden musste.
Hier sollte man wirklich nicht mehr hinunter balancieren, das kann schlimm enden…
Ausblicke nach Norden
Der Wanderer wendet sich nun Richtung Sassnitz auf Rügen. Wir erkennen das Kreidehochgebiet Jasmund, den Fährhafen Mukran und die Seebrücke am Nordstrand Göhren.
Hier am besten noch mal orientieren: wir sind am Hochufer des Südstrandes bis zur Spitze Nordperd gelaufen und wenden uns nun zurück nach Göhren. Wieder führt der Uferwaldweg an hohen Kliffranddünen entlang und immer wieder bieten sich herrliche Ausblicke weit über die Ostsee.
Knox-Knurxel und Puschel
Knox-Knurxel ist ein alter Bekannter auf meinem Rundwanderweg. Ich achte und grüße ihn mit einer kleinen Zeremonie, die ich hier nicht verrate – da müsst ihr schon mal mit mir mitkommen…
Und „Puschel“ ist mein nächster Waldkumpel. Auch er wird im Vorbeigehen besonders bedacht, kennen wir uns doch seit vielen Jahren, bei allem Wetter, zu jeder Jahreszeit, in jedem seiner Kleider…
Achtung – Gefahr am Hochufer von Göhren auf Rügen
Auch, wenn der Ausblick lockt: Bitte nicht zu nahe an die Kante des Hochufers treten. Und keine Fotos machen mit der Aufforderung: „Na, noch einen Schritt zurück.“. Hier ist die Kliffkante besonders hoch, und so Mancher musste schon auf halber Abhanghöhe vom Rettungsdienst geborgen werden.
Herz – lich schöner Blick bei Ela und Bela
Dies ist einer meiner Lieblingsplätze. Hier ist der Sand besonders fein, das Wasser besonders klar und meist auch Ruhe. Hier mache ich mich ganz platt und lang und denke: Karibik, du kannst mich mal…
Noch einmal die dringende Bitte um Vorsicht:
Nicht bis an die Kante treten!
Ela und Bela sind meine vorletzten Wegfreunde.
Die Beiden machen eins auf Wegelagerer oder Stolperstein und kichern in sich hinein, wenn Unkundige sie umgehen.
Mitnichten:
auf einem Bein hindurch hüpfen bei den Beiden und sich etwas wünschen.
Ela und Bela richten es dann schon.
Garantiert.
Nordstrand von Göhren auf Rügen
Nun sind wir gleich an einer Weggabelung: wer sich nach links, die Anhöhe hinaufbewegt, kommt zum Sturmwarnsignal und ist bald wieder im Zentrum von Göhren. Wer weiter nach Norden geht, sieht rechterhand tiefe Rinnen und Schluchten, die halsbrecherisch zum Nordstrand hinunterführen. Bitte der Wegweisung folgen!
Nach ca. 200 m bietet ein Pfad den Zugang zum Strand. Wir sind bei den Strandkörben, an der Strandpromenade Richtung Baabe oder machen Halt im SEASIDE Restaurant & Beach Bar im Strandhaus 1. Hier belohnen wir uns mit einem Imbiss, feinem Kaffee, dem Blick auf die Ostseewellen und dem Gefühl, einmal so richtig rundgelaufen zu sein.
„Häw keen Tied, mud hüüt noch wiet!“
Die Göhrener haben den Ruf, ein wenig „verquer“ zu denken. Sie sind unangepasst, manchmal unbequem, dabei aber innovativ und erfinderisch. Kurz – nicht jedermanns Sache.
Politisch betrachtet mündet dieser Ruf im vorherrschenden Belagerungszustand des Generalinvestors, der dem Ostseebad auf Rügen seinen Stempel aufgedrückt und eine beachtliche Truppe Vasallen rekrutiert hat. Aber, das ist ein anderes Thema.
Göhren = „Gora“: der „Berg“
„Ihr Bergpoken lauft manchmal echt nicht rund.“, sagte mir neulich ein alter Mönchguter. Gora oder Gorna ist slawisch und bedeutet „Berg“, und der Ort Göhren macht mit seiner interessanten Berg- und Taltopografie diesem Namen alle Ehre.
Rundwandern im Göhrener Hövt
Wir laufen also manchmal nicht rund. Hat der eine Ahnung. Mitnichten. Unser Göhrener Rundlauf ist einmalig. Von dieser Möglichkeit, im Kreis zu laufen, können Generationen an Urlaubswanderer berichten.
Und auch wir, die Einheimischen. So manches Mal mussten wir Verirrten und Verwirrten (Urlaubern, Anm.) die Richtung „zurück“ nach Göhren zeigen, weil sie den Weg durch oder um unser Hövt nicht als „Sackgasse“ definierten. Sie drehten ahnungslos ihre Runden am Hochufer, immer mit Blick auf die See, und wunderten sich, wenn wir uns an derselben Stelle wieder trafen.
Ja, so ist das im Göhrener Hövt: man bekommt im Wanderschritt nicht sofort mit, das der Blick auf der einen Seite zum Greifswalder Bodden und nur wenige Meter, Richtung Sassnitz, in die Weite der Ostsee zeigt.
Aber, das ist ja das Besondere an Göhren. Und deshalb sind wir stolz darauf, dass wir hier manchmal nicht ganz rund laufen.
Grüner Wanderweg für Ehrenbürgerin Ruth Bahls
„Grüner Wanderweg“ benannt nach der Ehrenbürgerin von Göhren und Begründerin der Mönchguter Museen: Ruth Bahls.
Ruth Bahls war eine ganz außergewöhnliche Lehrerin. Die Vermittlung von Wissen und Kenntnis über Rügen, Mönchgut, über Kultur und Lebensweise war ihr Lebensinhalt.
Wie oft sie diesen „Grünen Wanderweg“ proklamiert hat, ist nicht gezählt. Immer wieder hat sie auf diese Besonderheit hingewiesen, hat Karten gezeichnet, Routen angegeben, Schilder herstellen lassen.
Das verwirrende Moment an diesem schönen Wanderweg ist geblieben. Irgendwann steht jeder Fremde am Hochufer und sagt sich: „Was ist denn jetzt passiert? Ich gehe immer geradeaus und plötzlich ist das Wasser auf der anderen Seite.“.
Tja! Genau so ist das hier.
Und deshalb gibt es zum Ende unseres Blogbeitrages noch einmal eine bebilderte Anleitung zu unseren einmaligen Rundwanderweg in Göhren auf Rügen.
Beschreibung zum Rundwanderweg:
Ausgangspunkt Sturmwarnsignal. Hier kann man sich noch entscheiden, ob man gleich an den Südstrand möchte, dann rechts einem schmalen Pfad folgen bis zur Hövtstraße, dort links halten bis Abgang Salzweg.
Der Südstrandbereich kann hier nicht bis zur Hövtspitze umrundet werden, Wanderer müssen am Strand zurück, Richtung Lobbe. Hier besteht die Möglichkeit, an einem Strandaufgang hoch in den Ort zu wandern bis zur Kirche mit dem Aussichtspunkt am Speckbusch.
Nord – oder Südstrand?
Hat man sich für den Rundwanderweg entschieden, dann geht es geradeaus an Jahneiche vorbei bis zur Gabelung. Der aufmerksame Wanderer stößt auf ein Hinweisschild mit den Richtungspfeilen nach rechts oder links.
Großes Fragezeichen. Weil: jetzt hier straff rechts halten, so führt der Weg ins Hövt. Pfeil nach links ist der kurze Weg an den Nordstrand.
Der Wanderweg rechter Hand führt bis zum Aussichtspunkt mit Balkonsicht am Göhrener Südstrand mit Blick über den Greifswalder Bodden, Lobber Ort. Man erkennt am Horizont links die Insel Oie, rechts die Insel Ruden.
Nun dem Waldweg folgen bis zur Gabelung, von der alle Wege rund um die Hövtspitze führen: rechter Hand am Ufer Südstrand vorbei (mit Blick auf die Mole samt Steinsetzung) linker Hand Richtung Nordstrand – egal wie, man kommt immer wieder zu dieser Weggabelung zurück, läuft quasi im Kreis – was auch viele Ortsunkundige machen – oft mehrmals, wie bereits beschrieben.
An der „Kehre“ mit Schutzhüttchen
Hat man rechts die Hövtspitze umrundet, wendet sich der Blick zum Nordstrand, man erkennt die Seebrücke und schaut über die Ostsee direkt nach Mukran und Sassnitz.
Nun geht es den Hochuferweg entlang Richtung Seebrücke am Nordstrand.
Der Buskam (größter Findling Norddeutschlands) ist ca. 300 Meter vom Strand entfernt zu erkennen und – beim Blick zurück – die Mole, unsere Steinsetzung am Hövt.
Der folgende Hochuferweg führt stellenweise gefährlich dicht an der Abbruchkante entlang, unbedingte Vorsicht ist hier geboten!
Jetzt den Hochuferweg folgen bis Abgang Strandschlucht zum Nordstrand von Göhren.
Am Nordstrand kann der Wanderer entweder Spülsaumwandern Richtung Mole – aber nicht weiter – sie oder er muss zurück, oder am Strand entlang bis zur Seebrücke.
Dort besteht die Möglichkeit entweder weiter Strandpromenade nach Baabe und Sellin zu laufen oder am Kleinbahnhof den Aufgang nehmen, um zurück in das Ostseebad hinein zu gelangen.
Wenn der Wanderer den Treppenaufgang bewältigt hat, und sich in gerader Linie durch den Ort leicht links hält, findet er die Kirche Göhren und dort, am Speckbusch, den schönsten Ausblick über Mönchgut.
Und das Ganze von vorn…
Bei guter Laune und noch besserer Kondition kann man von dort wieder an den Südstrand gelangen, den Salzweg wieder hoch zum Waldwanderweg, und der gesamte Rundgang um das Göhrener Hövt beginnt von vorn.
Südstrand? Nordstrand? Südperd, Nordperd? Kein Problem – wir wissen Bescheid.