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Flohmarkt Sellin: Fundstück für die Seele

Besuch auf dem Trödelmarkt in Sellin auf Rügen

Unser nächstgelegener Badeort (es geht um das Ostseebad Sellin auf Rügen) hat nicht nur die deutschlandweit schönste und bekannteste Seebrücke, sondern auch den größten Trödelmarkt unter der Inselsonne. Anfangs sehr übersichtlich bestückt mit einigen Tischen und einer kleinen Auswahl regionaler „Stehrumchen“ nahm er im Laufe der letzten Jahre die Ausmaße eines Openair-Kaufhauses an.

Da wird getauscht, begutachtet, gefachsimpelt, da gehen Warenerzeugnisse über den Tisch, von denen ich nicht vermutet hätte, dass es sie noch gibt. Nützliches und Kurioses, Seltsames oder Rares und natürlich bergeweise Trödelkram geben dem ganzen Treiben seinen ausdrücklichen Charakter.

Tauschen macht Spaß auf dem Selliner Flohmarkt

Eigentlich braucht niemand irgendetwas von dem ganzen bunten Zeugs. Und dennoch sind die glücklichen Finder an der Tagesordnung. Das Prinzip Flohmarkt Sellin funktioniert wie folgt: Man erscheint mit Taschen voller Unnutz auf, – erleichterte Keller, Böden, Schränke und sein Gewissen – um am nächsten Stand wieder einzusammeln. Zu groß das Angebot, zu groß die Versuchung.

Stöbern und Finden im Ostseebad Sellin

Und ja, auch ich schlender dort gerne mal quer, immer in der Hoffnung: „Irgendetwas Schönes muss doch zu finden sein!“.

So auch an einem trüben Sommersonntag, der mir wie geschaffen schien, um auf dem Flohmarkt in Sellin stöbern zu gehen.

Zwischen altem Leinen entdeckte ich eine Schachtel, die ich aus langer Vorzeit kannte: Haushaltskerzen, herrlich, in bester Verfassung, in ausgezeichneter Qualität.

Ich weiß, wovon ich spreche, bin ich doch mit diesen Haushaltskerzen groß geworden. Jeden Sommer, in unserer Gartenlaube ohne elektrisches Licht, gehörten sie zur Grundausstattung.

Bei meiner Mutter in der Laubenküche hing ein kleines Täschchen, bestickt mit dem launigen Spruch: „Des morgens in der Früh, vergiss die Lampen nie“.

Wahre Worte voller Weisheit. Wer sich nicht daran hielt, musste bei Nachtanbruch büßen und vergaß es nie wieder, das Kerzenbestücken „morgens in der Früh“.

Brauchbares entdecken in Sellin auf Rügen

„Kerzen braucht man immer“, dachte ich, ruckzuck ist Herbst und die Adventszeit naht, also, die Packung alter Haushaltskerzen eingelöst, eingepackt, mitgenommen.

Kürzlich war sie da, die Advents- und Kerzenzeit und ich erinnerte mich an die Kerzen- Packung vom Sommer-Trödelmarkt in Sellin, holte sie hervor, wollte sie verteilen und plötzlich sah ich ganz unten in dem Karton einen Zettel liegen. Er war einfach zwischen die Kerzen geklemmt, klein, unauffällig, grau.

Vorsichtig habe ich ihn hervor gefummelt, sah Schriftzüge, Worte krakelig und ganz winzig (ich musste eine Lupe bemühen) festgehalten und entzifferte betroffen: „Übrigens: Ganz wichtig!! Habt euch ganz sehr (schön??) lieb!!“.

Wichtige Worte nebenbei entdeckt

Da sitzt man dann mit einer Botschaft, die so nebenbei mitten ins Herz trifft, fragt sich: „Wer hat dies und wann und für wen geschrieben?“. Und fühlt sich seltsam angesprochen, verbunden mit Jemand, der es einfach nur gut gemeint hat.

Ein mir Unbekannter, der mit dem notwendigen Kerzenlicht auch Helligkeit in die Seele des Beschenkten geben wollte. Eine Mahnung? Ein Rat? Damals, vor Jahrzehnten, blieb dieser Zettel vermutlich ungelesen und ist doch heute, wie in der Vergangenheit, wichtig wie eh und je. Einfache, simple Haushaltskerzen mit einer Botschaft, die die Menschheit verändern könnte. Da kann man schon ins Grübeln kommen. Und deshalb gebe ich die Worte hier gerne weiter.

„Übrigens: Ganz wichtig! Habt euch ganz sehr lieb!!“

Denn dem ist nichts hinzuzufügen.

Quelle vom Foto der Selliner Seebrücke: © Foto von David Stamm auf Unsplash