Trotz alledem – es wird Weihnachten, auch 2023
Die dunklen Wochen ab November sind die Provokation schlechthin. Eine Herausforderung an Lebensfrohsinn und Optimismus, polarisierend für Schwermut und Traurigkeit.
Besonders in dieser Zeit gibt es Momente, da möchte man der Menschheit einfach eine riesengroße Grube graben und sagen: „Tschüss und auf Nimmerwiedersehen, ihr Volltrottel!“.
Zustand der Welt
Mutlos und traurig überblickt man den Allgemeinzustand: Da schmelzen die Polkappen, da trocknet der Regenwald aus, Flüsse und Meere vergiften durch Nano-Partikel oder Pharmaabfall, Müllhalden mit Elektroschrott und Textilbergen machen sich breit bis zum Horizont, Menschen sterben in Kriegskonflikten von denen man geglaubt hat, sie seien seit Christusgedenken ad acta gelegt. Aller Augenblicke verhungern Kinder neben übervollen Regalen im Supermarkt und man weiß nicht, was größer ist: Der Leibesumfang der adipösen Kaufwilligen oder ihre humane Gleichgültigkeit.
Wo bleibt mein Optimismus?
Darüber hinaus soll es Weihnachten. Der Konflikt ist unübersehbar. Und ich stehe ratlos am Spülsaum meiner Ostseewellen, möchte in die Knie gehen und am liebsten beten.
Mit schwerem Herzen und dem Gefühl von Ausweglosigkeit stapfe ich nach Hause zu heißem Tee, Kuschelsessel, Fernbedienung und Trost im TV. Vielleicht Loriot? Blödelbarde Otto? Herzschmerz mit Heinz Rühmann? Irgendeinen Seelenaufheller?
Das Wunderbare
Und dann geschieht ein kleines Wunder, ich habe mich mit der Fernbedienung verzappt. Plötzlich ist da der überwältigend prächtige Saal des Konzerthauses Berlin an Gendarmenmarkt, in voller Besetzung und in gesamter Lautstärke setzt sich das Berliner Sinfonie-Orchester in unser Wohnzimmer, Gustav Mahler reißt alle Wände ein.
Ich sitze gebannt, spüre nichts mehr als diese dramatische Vielfalt, die emotionale Tiefe seiner Symphonie Nr.1 überwältigt alles, mein Denken setzt aus. Wahrhaftig, die Töne sind um mich herum, gehen mitten durch mich hindurch, ich spüre, wie ich anfange beseelt zu grienen.
Und dies nicht nur wegen der monomentalen Wucht der Mahlerschen Musik, mitnichten, denn ich begegne just der neuen Chefdirigentin, Joana Mallwitz – ja, hat die Welt denn so etwas schon gesehen…
Begegnung mit Joana Mallwitz
Da steht, nein, turnt kraftvoll-behänd eine verblüffend junge Frau vor dem Regiment des Symphonie-Orchesters und zieht alle Fäden. Es scheint, als würde sie jeden Ton begleiten, jedes Instrument in jedem Augenblick ansprechen, alle, jeden hat sie im Blick, sie ist überall mit ihrer überwältigenden Körpersprache und das Orchester spielt sich die Seele aus dem Leib. Es kann gar nicht anders bei dieser geballten Energie Mallwitz. Gustav hätte seine helle Freude.
Vorfreude – Lichterfreude
Ich habe sie auch. Sie macht sich breit und stark und legt sich über alle Kümmernisse dieser verkorksten Welt. Und sie macht hell und leicht und warm, dort, wo das Herz sitzt. Und ich bin so dankbar für diese Musikmomente, dafür, dass es sie gibt, dass es Menschen gibt, wie Joana Mallwitz, die mir – in Kombination mit dem Konzerthaus Berlin und mit Mahler – wie ein Wunder begegnet sind, wie ein Geschenk, wie ein Licht? Ja, wie ein Licht.
Licht ist überall in der Vorweihnachtszeit
Es müssen in dieser Vorweihnachtszeit nämlich nicht nur die Kerzen, Kronleuchter, Lichterketten und Schwibb-Bögen sein, die es uns hell machen. Mitunter trifft uns ein Licht mitten ins Herz, gibt uns eine Begegnung, ein Wort, ein Klang, eine Geste wärmendes Licht – bleibt achtsam, verpasst es nicht.
Gedicht von Wilhelm Busch
„Hätt` einer auch fast mehr Verstand
als jene drei Weisen aus dem Morgenland,
und ließe sich dünken, er wäre wohl nie
dem Sternlein nachgereist, wie sie.
Dennoch, wenn nun das Weihnachtsfest
sein Licht so wonniglich scheinen läßt,
dann fällt auch auf sein verständig Gesicht –
er mag es nun merken oder auch nicht –
ein goldener Strahl
des Wundersterns von dazumal.“
Besuch in Göhren auf Rügen
Es freuen sich auf weitere lichtvolle Begegnungen – vielleicht ja auch durch Deinen Besuch in unserer Ferienwohnung „Zum alten Pfau“ 😊
