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(Online) einkaufen – Eine Studie

Blogger 8. Februar 2019März 7th, 2019Rügen-Blog

Vom Läufer zum Geher

Ich bin ein Läufer. Gewesen. Denn seit Bänderdehnung und Bänderanriss im Knie- und Knöchelbereich haben meine Gelenke gesagt: „It`s over now“. Schluss mit lustig. Was ich akzeptiere. Nun übe ich eine Art schnelles Gehen, was eine Mischung aus Traben und Hoppeln ist und letztendlich stehe ich irgendwann im Wald herum, schaue mir meine ausdrucksstarken Freunde, die Bäume, an und merke eigentlich erst, wenn ich friere, das ich ja gehen wollte, schnell, versteht sich.

Ich bin am Laufen, seitdem ich denken kann. Teils aus Notwehr gegen die Übermacht der größeren oder stärkeren Brüder, teils auch weil ich zu ungeschickt war, das Skilaufen zu erlernen (als Winterbewegungsform) oder richtig Fahrrad zufahren. Bei Letzteren hat mich immer die Vorstellung der schmalen Reifen irritiert – und schon kippte ich um. Also, lieber fix einen Fuß vor den anderen gesetzt. Seit Jahrzehnten mache ich das und fühle mich sauwohl dabei. In der besagten Zeit verschleißt man (Frau) so einige Joggerhosen und Neue müssen her. Vor diesem Zeitpunkt fürchte ich mich. Jogginghosen kaufen ist, wie beim Frisör sitzen. Hinterher ist alles wieder gut. Aber, bevor es soweit ist…

Ich also los, in den nächst größeren Ort zu einem der nächst größeren Märkte, dort, wo es alles für jeden gibt, ja, auch Trainingshosen. Ich sage es jetzt mal so, wie es ist, denn anders kann ich diese lappigen Pumper nicht bezeichnen, in die ich mich stecken ließ.

Jogginghose im Klamottenladen finden

Die einzige Hose, die man hätte eventuell öffentlich tragen können, war natürlich keine Jogginghose, die sah nur so aus, weil dieser Stil gerade der aktuellen Modelinie entspricht. Die nahm mir die Verkäuferin kurzerhand wieder weg, weil, die käme überhaupt nicht in Frage. Dafür reichte sie mir einen Stapel Büxen in die Umkleidekabine, die entweder mit Pünktchen oder Sternchen oder Glitzerstreifen verziert waren und die schon deshalb für mich ausschieden. Gehorsam kletterte ich aber in eine Jede, nur um mich bestätigt zu sehen.

Auf die Nachfrage nach einer einfarbigen Sporthose bekam ich ein Exemplar in schlüpferrosa zugewiesen, denn, das wäre jetzt der Hit der Saison. „Der Winter ist doch schon so grau.“, bemerkte die Verkäuferin versöhnlich, und so gesehen, hatte sie nicht einmal unrecht. aber, wie sah ich nur aus! Abgesehen vom Design waren die Hosen allesamt fürchterlich anzusehen, entweder im Ziehharmonikastil oder aber sehr in Anlehnung an die Budjonny-Reiterbeine, wenn ihr versteht was ich meine… Nein, ich habe das nicht so gesagt, dennoch muss die Dame vom Dienst ein Sensibelchen gewesen sein, sie witterte Unbill und gab dies sofort an die Kundin zurück. „Sie müssten natürlich auch Lust am Einkaufen haben.“, wurde ich gerüffelt und ließ schuldbewusst die Schultern hängen, ach, schon wieder hatte sie recht, das deprimiert. Dennoch wollte ich nicht aufgeben – es sollte doch möglich sein, das Sortiment Hosen einfach in einer anderen Größe zu probieren, möglicherweise könnten sie besser an mir aussehen.

Doch als ich darum bat, bekam ich sehr direkt das Gefühl vermittelt, zu weit gegangen zu sein. Die Verkäuferin beschloss, mich zu ignorieren und verschwand inmitten der Regale. Auf Socken und mit nackten Beinen nahm ich die Verfolgung auf, machte mich bemerkbar, und:

„Was wollten Sie noch gleich?“, fragte die Verkäuferin aus ihren Regalen heraus mit zerstreuter Miene und ich hätte am liebsten gesagt: „Ach, rein gar nichts – entschuldigen Sie bitte.“. Was ja so nicht stimmte. Zu zwei Anproben konnte ich mich überreden, mir war das schlüpferrosa der Hosenfarbe inzwischen völlig egal.

Ein Segen online einkaufen zu können

„Na, die sieht doch super aus.“, hörte ich zwei Damen raunen, und „sitzt perfekt“, setzte die Fachkraft noch einen drauf – na, Halleluja, mich konnten sie nicht meinen. Ich bestaunte die Vogelscheuche, das Gegenüber im Spiegel, und schämte mich meiner gar sehr. Weiß gar nicht mehr genau, wie ich wieder rausgekommen bin aus diesem Dilemma. Weiß nur sehr genau, was ich sofort machen würde, wenn ich zu Hause bin:
Rechner an, Lieblingskatalog öffnen, Jogginghosen raussuchen im „Auswahlmodus“, Bestellung abschicken, warten, bis der freundliche Postbote an der Haustür klingelt, ein nettes „Danke“ und „Bitte“ tauschen und dann werde ich mit mir und einem Stapel Jogginghosen alleine vor dem Spiegel sein.

Und ich weiß jetzt schon, das jede dieser Hosen besser aussehen wird, als unter Stress und unter den missbilligenden Augen der Verkäuferin, und ich werde dankbar sein, für die Möglichkeit, online einkaufen zu können!

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