
Mit dem Frühling kommen die „Ögens“, die „Buwirös“ und „uns Häbärt“
Unsere Buchenwälder sind im Frühling ein reines Wunder, zuerst gucken die Leberblümchen, die „Blauäuglein“, auf Plattdeutsch „de Ögens“ genannt durch die graubraune Winterschicht der Laubblätter. Wir begrüßen sie immer rückhaltlos jubelnd und gehen vor Verzückung auf die Knie, muss man sich nämlich ganz in der Nähe ansehen, dieses strahlende helle Blau, oder den ultramarinen oder kornblumenblauen oder himmelblauen Blütenblick.
Und dann nahtlos schließen sie sich an, die Buwirös. Ein wunderbarer, weißer Sternenteppich auf grünem Grund, soweit man schauen kann. Buschwindröschen, Anemone, Sternenauge – du machst aus unseren Buchenwäldern ein Zauberschloss.
Frühling ist immer auch Ostern
So viel zu den Aktivitäten der Natur im Frühling. Als würden diese Wunder nicht genügen, muss ja auch noch Ostern sein. Selbstverständlich fällt dieses Fest nicht ohne Grund in die Frühlingszeit, der historische Bezug zur Göttin „Ostera“ belegt diesen Sachverhalt. Was mir auf die Nerven fällt, ist die Sache mit den Eiern. Auch die haben, in Bezug auf Frühling und Osterfest ihre eigene Berechtigung, was aber für die menschliche Allgemeinheit kaum noch eine Rolle spielt. Wichtig sind für Ostern drei Dinge:
- Vier freie Festtage
- Viel einkaufen und viel essen
- Viele bunte Plasteeier an Bäume und Büsche vor das Haus hängen

Letzteres führt inzwischen zu kuriosen Wettkämpfen, bei denen Plasteeier in schwindelerregender Anzahl (drei- bis vierstellig) über die verfügbaren Gartengewächse verteilt werden. Die können sich ja nicht wehren. Manchmal ertappe ich mich bei dem Gedanken, so einer Siegerehrung doch beizuwohnen. Der Erste, Zweite und Dritte müssten immerhin ausgezählt werden… Aber, das ist ein anderes Thema.
Osterdeko
Zurück zur Osterdeko. Auch die hat ihre Berechtigung und trägt ebenfalls eine gewisse historische Tradition. Der wollte ich mich natürlich nicht verschließen und holte die vor Jahrzehnten, vom „alten Pfau“ handgearbeitete, beschliffene und bemalte Holzeier aus dem Karton.


Oh Schreck, denen waren die vergangenen Jahrzehnte doch sehr an zu sehen, der Osterglanz war nur noch ein Hauch, etwas Neues musste her. Und wenn es um Holz, Handwerk und Tiere (Osterhasi) geht, kommt nur Einer in Frage: Mein Försterbruder Nimrod, den die existenzielle Liebe zum Wald, zu den Bäumen und den Tieren das Blut tiefgrün hat färben lassen. Zu dem hörte ich mich sagen: „Ich brauche einen Osterhasi für den Garten.“. Gesagt, getan.
Handmade Osterhase
Drei Wochen später: „Ich habe ein Tier im Kofferraum meines Autos“, sagte mein Bruder und was ich dann aus den Tüchern wickelte, machte mich kurz sprachlos. Ein Hase aus Holz, jedenfalls bis zum Hals. Handgesägt, handgeklebt, verziert und geschmückt, zum Hinstellen, mit Riesenohren, Riesenzähnen und langen Barthaaren. Wir nannten ihn sofort „Häbärt“. Wundervoll.
Und von Stund an heißt es nun zur Osterzeit: „Häbärt kommt und wenn er sagt, dass er kommt, kommt er promt!“. Er ist unser ganzer Stolz neben den verwitterten, handverlesenen Ostereiern zum Hängen, und er ist weit über die Grenzen von Meck-Pomm der einzige Osterhase, der das Ei auf dem Kopf tragen darf. Manchmal, wenn ich dem Holzhasen direkt ins Gesicht blicke, denke ich: „Häbärt lässt nötigen Ernst vermissen, zur Osterzeit, so mit Ei aufn Kopf“. Immerhin trägt das Osterfest schwer an seiner Geschichte, aber dann bin ich mir sicher: Tausende bunte Plasteeier sind auch keine Lösung. Häbärt hat zwar ein Ei auf dem Kopf, aber zeigt Zähne.
Diese Kombination ist – mit den besten Ostergrüßen – nur zu empfehlen!
Vorösterliche Gedanken
Dieser Tage, das hatte ich mir fest vorgenommen, dieser Tage sollte der Blogbeitrag zum bevorstehenden Osterfest fertiggestellt werden.
In diesen festen Vorsatz fielen die ersten wahrhaftigen dicken Schneeflocken der Saison. Wir hatten Winter. Und zwar richtig. Mit Minustemperaturen und Schneeverwehungen und dem schon fast vergessenen Geräusch der Schneeschieber morgens vor den Türen.
Dennoch: bald ist Ostern.
Ja, hatten wir denn schon mal das Osterfest im Schnee? Doch, die Erinnerung hat es gespeichert: bunte Eier im weißen Nest. Und einmal gar in der Wohnung, weil es unmöglich schien, auf das verschneite Waldgelände zu gelangen. Die Sache hatte nicht nur Nachteile.
Es müssen die zwei einzigen Osterfeste gewesen sein, in denen tatsächlich mal alle Verstecke gefunden worden sind. Ansonsten blieb immer, ich sage IMMER, ein Opfer an den fleißigen Osterhasen zurück, niemals wieder wurden wirklich alle Osternester eingesammelt.

Ostern in der Geschichte
Dazu soll hier nicht viel gesagt werden, denn das macht die Lokalpresse alljährlich ausgiebig.
Da ist von heidnischen Bräuchen die Rede, vom Osterfeuer, Osterlamm, Osterwasser, Osterapfel und natürlich von den kunterbunten Ostereiern in allen Varianten. Und von „Ostara“ oder „Eostre“, von den Namen der Göttin der Morgenröte, des Frühlings und der Fruchtbarkeit.
Deshalb nämlich legt der Hase die Eier. Wegen der Fruchtbarkeit. So gesehen eine sinnvolle Kombination.
Ostern in der christlichen Tradition
Bei uns auf Mönchgut werden Karfreitag die Flügel des Katharinenaltars in der Kirche zu Middelhagen zusammengeklappt, der Altar wird verhängt, die Christen trauern.
Der Gottesdienst ist ein stilles Gedenkgebet an das Leiden Jesus Christus und seinen Kreuzigungstod, ein schmerzvoller Abschied.
Aber am Ostersonntag, am dritten Tage der Auferstehung des Herrn Jesus Christus, wird jubiliert. Da feiert die Mönchguter Kirchengemeinde bereits um 6 Uhr in der Früh die Osterlichtfeier, manchmal sogar mit einem Tauffest zusammen und in die Kirche passt keine Maus mehr.
Es ist ja auch spannend, am Sonntag kurz vor 5 Uhr aufzustehen, in die Fahrradkluft zu steigen und über das erwachende Mönchguter Land zu radeln, den Kirchenglocken entgegen. Und aus allen Ecken gesellen sich Fahrradfahrer dazu, alle grüßen sich lautlos (ist doch noch so früh), alle kennen sich und alle haben das gleiche Ziel.
Und auf der Rücktour ist das Morgenlicht so hell und klar und das Herz so leicht und die Füße radeln im Rhythmus des letzten Chorliedes. Schön ist Ostern bei uns.
Familientradition – sehr lebendige Ostern auf Rügen
Kennt ihr das „Stiepern“? Wollt ihr wissen, wie man einmal im Jahr seinen Eltern so richtig nach Herzenslust den Hintern versohlen darf? Nun, das geschah bei uns zu Ostern.
Und das geht so: einige Tage vor dem Osterfest zogen wir Kinder los, in den Wald, frische Birkenreisig schneiden. Die wurden im Kinderzimmer in einer Vase gut versteckt. Sie mussten warm stehen, denn die jungen Triebe, die ersten Blätterchen waren wichtig für den Prügelprozess.
Und am Ostersonntag, in aller Herrgottsfrühe, schlichen wir Kinder, mit Birkenreisig bewaffnet, zu den Eltern ins Schlafzimmer.
Mit dem Schlachtgebrüll „Stiep Stiep Osterei, gibst du mir kein Osterei stiep ich dir das Hemd entzwei“ stürzten wir uns auf Mama und Papa.
Und wir waren nicht fein, wir handhabten die Reisigen nicht zimperlich, nein, ich glaube, wir haben richtig zugehauen.
Unsere Eltern waren darauf natürlich vorbereitet, sie hatten sehr, sehr schnell das Ablösegeld, das Schokoladenosterei, parat und wir zogen zufrieden wieder ab. Zurück blieben rote Striemen am elterlichen Hinterteil, völlig verwüstete Betten und Birkenblättchen überall. Und eigentümlich sehr stille Eltern. „Auf Rosen war ich nie gebettet“, sagte meine Mutti mit blanken Augen am Frühstückstisch, „aber einmal im Jahr auf Birkengrün…“.
Osterwasser
Mir ist eine Familie bekannt, die seit vielen Jahren zur Quelle an der Jasmunder Küste geht, um früh am Sonntagmorgen Osterwasser zu holen. Das ist ihre Familientradition und damit folgt sie einem sehr alten Brauch, der auch auf Mönchgut bekannt war.
Frisches Quellwasser stand als Synonym für Reinigung, für neues Leben, für Erneuerung und Gesundheit. Und – was das Wichtigste war – es musste absolut lautlos geschehen, kein Wort durfte gesprochen werden.
Auf Mönchgut gingen meist die jungen Mädchen zur Quelle, zum Brunnen. Die Burschen warteten schon am Wege, um sie zu locken, sie zu provozieren, sie zu necken. Es sollte doch gelingen, diesen Mädels ein Wörtchen zu entlocken!
Oft gelang es nicht. Und oft wurde aus dieser Neckerei eine Verbindung fürs ganze Leben. Denn dem Mädchen gefiel natürlich die Dringlichkeit, mit welcher der Bursche sich um sie bemühte, dem Burschen hingegen der Stolz, den die Dirn dem Bengel entgegensetzte.

Vielleicht war er auch einfach nur clever und achtet auf das Mädel, welches wirklich standhaft und vor allem längere Zeit, den Schnabel halten konnte.
Eierkullern
Wir haben seit Jahrzehnten die Familientradition des „Eierkullerns“. Wir nennen es „Eierrennen“, das hört sich sportlicher an und entspricht eher unserem Temperament nach Wettkampf.
Sind alle Nester gefunden, alle Eier eingesammelt (bis auf das Opferei für den Osterhasen, versteht sich), sucht sich jedes Familienmitglied ein oder zwei „Renn-Eier“ aus. Damit geht’s in Göhren hoch zum Drachenhausberg oder zum Plansberg oder zum Schafsberg oder Fliegerberg. Hauptsache Berg.
Denn dann geht es los: die Eier werden flott ins Rennen geschickt, sie hopsen und tanzen und kullern so eigenartig hochkant oder treidelnd um die eigene Achse, daß wir alle jedes Mal Tränen lachen und das fröhliche Gejohle nimmt kein Ende. Sie stupsen sich an, gruppieren sich, gehen ihre eigenen Wege und es ist verblüffend entspannend, ihnen zuzusehen.

Die angeknackten, vom Sprunglauf lädierten Exemplare werden gleich gegessen, auch das ist Tradition. Und harte Eier sind „dröge“, die rutschen nicht so leicht in den Magen, da muss natürlich nachgespült werden – mit Osterwasser. Dafür hat der Osterhase auch gesorgt.
Ja, Ostersonntag ist ein fröhliches Fest – mit oder ohne Schnee.
Wir sind gespannt auf das Kommende!