Semana Santa – eine Osterreise nach Malaga in Spanien
Nein, in diesem Jahr keine bunten Eier verstecken, keine suchen und den ganzen Schokoladenkram dann noch wochenlang vertilgen müssen, nein, kein voller Einkaufskorb, kein frischer Fisch zum Freitag, kein Braten zum Sonntag, kein Osterlichterfest morgens früh in der Kirche – rein gar nichts. Dafür nichts wie weg. Nach Andalusien. Flott die Route gewählt über Malaga, Granada nach Sevilla und – zum Ausruhen, Bleiben und Erkunden – eine kleine Bergstadt westlich des Landes ausgemacht. Da würden keine Osterhasen mehr hoppeln, so viel schien sicher. Wie weit wir von Osterhasen und bunten Eiern sein würden, das konnten wir nicht ahnen.
Ankunft in der Stadt Malaga
In Malaga angekommen, sind wir erst einmal hoch erfreut die frühsommerlichen Temperaturen und haben schnell das Hotel gecheckt, fix die Koffer ausgeräumt, T-Shirt an und ab ins Freie.
Unser Hotel lag nur wenige Meter entfernt der Hauptmagistrale und das quirlige Treiben nahm uns sofort in die Mitte – für wenige Augenblicke!
Denn dann, als wir am Straßencafé unser Getränk bestellen wollten, leerten sich rundum die Bürgersteige in beängstigender Eile.
Polizei fuhr auf, Lastwagen brachten Absperrgitter, das geschäftige Summen legte sich erwartungsvoll.
Plötzlich standen wir gänzlich allein auf der gerade noch großstadtbelebten Hauptstraße, hielten uns verblüfft an der Kaffeetasse fest und mussten der Kellnerin und ihrem Händewedeln entnehmen, dass wir sofort zu bezahlen und noch schneller zu verschwinden hätten.
Donnerwetter!
Was ging denn hier ab?
Eine totale Irritation
Inzwischen war die Hauptstraße völlig geräumt, bis auf einen Mittelteil, der wie ein Präsidium mit Sitzreihen und bewachten Zugängen, auf das zu warten schien, was hier kommen sollte – geheimnisvolle Festivalatmosphäre rundum, dicht gedrängt die Menschenmauern in Zuschauerpose, alle Balkone belegt, die Fenster weit auf und als Zuschauergalerie bis auf den letzten Platz belegt – und dann kamen sie, die kirchlichen Würdenträger, ihr Hof- und Fußvolk, ihre Bewunderer und Diener, um im Präsidium Platz zu nehmen.
So langsam dämmerte uns die Sachlage: na klar – Osterfeierlichkeiten, im katholischen Andalusien begannen sie ganz offensichtlich beizeiten, sich in der Festwoche vorzubereiten…
Ach herrjeh, wir Ahnungslosen. Denn, wir waren mitten drin: in „Semana Santa“.
Was dann um uns und mit uns geschah, läßt sich kaum beschreiben.
Eine gewaltige Monstranz, ein Jesus-am-Kreuze-Standbild in Lebensgröße, ein Altaraufbau von den Ausmaßen eines geräumigen Wohnzimmers mit massiver, riesiger Sockelverkleidung, über und über vergoldet, dazu das Kreuz, Engel, Kerzen, funkelnder Schmuck, roter Sammet und ein Baldachin, geschaffen, um eine Fußballmannschaft zu bedachen, das alles wurde GETRAGEN.
Ja, tatsächlich, dieses tonnenschwere Ensemble schleppten auf ihren Schultern die Büßer, rundum und (für die Zuschauer nicht sichtbar, sicher auch unter der Heiligenplattform) Männer verkleidet im langen Büßerhemd und mit Kapuze.
Es müssen ihrer mindestens 50 gewesen sein, die dieses naturgetreue Abbild einer Kreuzigungsszene durch die Straßen schleppten.
Ein getanzter Marsch
Nein, sie schleppten nicht, sie schritten gleichmäßig sich wiegend, wie im innigen Tanz, scheinbar ohne Anstrengung und trugen andächtig ihren Christus.
Alle wie im Fluss, wie ein einziger Mann, ehrfurchtsvoll setzten sie ihre Schritte.
Dazu die Musik, eine Kapelle begleitete diesen Zug und gab den Rhythmus vor und trug in ihren intonierten Melodien die innige Andacht, das Feierliche dieser Prozession in die Straßen und in die Herzen der Zuschauer.
Ja, so war es, denn gerade die Musik, die erschütternden Töne des Leides, voller Schmerz und Jammer gingen durch Mark und Knochen.
Das Ganze war von einer faszinierenden Dringlichkeit, von einer Intensität, die das Gemüt der Umstehenden zu Tränen rührte, und wir, die da völlig ahnungslos in der Menge standen, wir standen ergriffen und überließen uns diesem Gänsehautgefühl.
Einmaliges Ostererlebnis in Spanien
In vielen anderen Städten sahen wir ähnliche Feierumzüge, an manchen Stellen war es ein Maienbild oder Szenen aus der biblischen Kreuzigungsgeschichte. Wir bewunderten die begleitenden Frauen, schöne Andalusierinnen in rot-schwarzen Ordinate, aber nirgends wieder erlebten wir diese gewaltige, feierliche, zu Herzen gehende, schmerzvolle Prozession wie erstmals in Malaga.