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Es geschehen noch Zeichen und Wunder

Blogger 25. Februar 2025März 2nd, 2025Fundstücke, Göhren, Inselgeschichte(n), MV, Rügen-Blog, Rügen-Urlaub, Streifzüge

Göhren hat nicht den besten Ruf

Unser Ostseebad Göhren (auf der schönen Insel Rügen) hat zwar den Luxus zweier Strände und reckt mit der Nord­perd­nase sein Gesicht gar un­ver­wechsel­bar einmalig schön in die umge­bende Ostsee, aber es hat nicht den besten Ruf, leider. Seine kommunal­politische Ver­gangen­heit, geprägt durch die un­glück­liche Ver­quickung mit Immobilien­machen­schaften ist hin­länglich bekannt. Auch publik geworden durch den Doku­mentar­film: „Wem gehört mein Dorf“ (Ausverkauf der Insel Rügen). Eine traurige Schönheit? Mitnichten.

Vom paradiesischen Dasein im Ostseebad Göhren

Während rundherum die Welt von einer Katastrophe in die andere schlittert, sämtliche Nachrichten gruselige Berichte verbreiten und Zustände, wie „im-alten-Rom“, wo bereits Kriminalität und Korruption an der Tages­ordnung waren, hebelt unser Ostsee­bad Göhren alle niedrigen Ängste und Sorgen aus und in nahezu paradiesische Zustände.

Hier geschehen noch „Zeichen und Wunder“. Ja, ich bemühe die Bibel, genauer gesagt, das Alte Testament, was vermutlich eine An­maßung ist, aber, im über­tragenen Sinne, die Angelegen­heit auf kleinem Raum trifft.

Gängige Redewendung

Was ich damit meine: Ursprünglich bezeichnet das Wort­paar „Zeichen und Wunder“ gewaltige Ereignisse aus biblischer Zeit, mit denen Gott in den Ablauf der Natur und der Geschichte ein­griff und sich auf diese Weise seinem Volk Israel offen­barte. Für unseren All­tag hingegen ist diese gängige Redens­art „Es geschehen noch Zeichen und Wunder“ Aus­druck für kleine, unerwartete Über­raschungen, für Momente, die uns ver­blüffen. Wir meinen, sie dürften eigentlich gar nicht sein, es sei denn, man glaubt. Aber, da wäre ich ja bereits wieder bei der Bibel.

Deshalb zurück in unser Ostsee­bad Göhren, zurück zu einem Spaziergang am Nord­strand. Denn genau dort begegneten mir „Zeichen und Wunder“.

Kindliches Vertrauen – oder das Glück des Ahnungslosen

Ich habe zwei Kuschel­ecken für meine FKK-Sommer­sonnen­stunden, je eine am Süd- und eine am Nord­strand. Beide nutze ich ent­sprech­end nach Sonnen­stand, Wind­richtung, beide sind mein kleines Paradies.

Als sich der vergangene Sommer im höchsten Wohl­behagen befand und ich eines frühen Morgens meine Kuschel­ecke in­mitten vom Hoch­ufer ab­ge­rutschter Bäume bezog, traute ich meinen Augen nicht: Simsalabim – eine statt­liche, quer­liegende Buche glitzerte längst ihres Stammes voller Geschmeide, Schmuck­kettchen säuber­lich ange­pinnt am laufenden Band.

Ich stand, wie vom Donner gerührt und habe mich erst mal vorsichtig umge­schaut – Versteckte Kamera? Video­aufnahmen für TikTok? Nichts der­gleichen! Ich war im morgend­lichen Sonnen­licht am Strand ganz alleine, ich und diese unver­hoffte Schmuck­kollektion.

Kreative Mitbringsel

Tatsächlich, da hatte ein talentierter Schmuck­gestalter aus Muscheln, Halb­edel­steinen, wunder­schönen ab­ge­waschenen Glas­stück­chen, mit Leder­band und Silber­ösen kleine Kettchen gebastelt, in Reihe an dem quer­liegen­den Baum­stamm ange­bracht, ein Info­blättchen daneben und dazu eine kleine Metall­kassette.

Für 5 Euro konnte sich die potenzielle Kund­schaft das Schmuck­stück ihrer Wahl aus­suchen, die Kassette füttern und glück­lich von dannen ziehen. Einfach so.

Ich stand und staunte, deutlich verblüfft. Und mit der Frage, wie sich dieses Verhältnis zwischen frei­zügigen Angebot und frei­willigen Wert­aus­gleich im Laufe des Sommers gestalten würde.

Was macht wohl unsere Welt mit gratis Nehmen und ehrlich Geben? Mein Vertrauen in derart paradiesische Zustände hielt sich in Grenzen…

Der Herbst kam und ich vergaß den kleinen Frei­luft-Schmuck­laden am Strand­ufer, vielleicht wollte ich das Elend, was nach einer Sommer­saison davon übrig­geblieben sei, auch gar nicht so genau sehen.

Ein Beispiel von fast ver­gessenem Vertrauen

Vor einigen Wochen aber war ich wieder auf Kletterrunde über Steine und über abgestürzte Bäume am Göhrener Nordstrand unterwegs und landete tatsächlich an der Stelle, wo damals, diese Kettchen, dieses freizügige Angebot an Freude und Ehrlichkeit, mich außerordentlich verblüfft hatte. Und – man glaubt es nicht!

Da war er wieder, der kleine Schmuck­laden am Strand, hand­gearbeitete Souvenirs, hübsche Mit­bringsel von der Ostsee, eine lange Reihe nebst Geld­kassette.

Unversehrt, alles da. Nichts geklaut, nichts verwüstet, das komplette Angebots­paket von Freude­geben, Ehr­lich­nehmen, absolut beeindruckend.

Als mein 5 Eurostück in die Geld­kassette klappert, ist zu hören, dass es nicht alleine ist und genau dies habe ich beim Weiter­gehen als Herzens­wunsch über die Ostsee geschickt: Menschen, traut euch, geht in Vorleistung, wenn ihr Gutes zurück­be­kommen wollt, ihr bekommt es verwandelt zurück. Denn, es gibt sie noch, die Momente, die an das Paradies erinnern. Es geschehen noch „Zeichen und Wunder“, die glücklich machen.