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„Katzen-Lockdown“ in Göhren auf Rügen

Blogger 20. Januar 2021Januar 28th, 2024Fundstücke, Göhren, Inselgeschichte(n), Katze, Rügen-Blog, Streifzüge, Tiere

Ausgangssperre in barmherziger Übersetzung

Natürlich wissen wir inzwischen alle, was ein „Lockdown“ ist. Wir alle haben die Bedeutung einer „Ausgangssperre“ kennenlernen müssen – auch auf der Insel Rügen.

Das vergangene Jahr hat uns intensiv mit diesem Ausnahmezustand vertraut gemacht, hat uns durch Höhen, Tiefen, durch Hoffnung und Verzweiflung geschleppt. Die weltweite Pandemie hat uns in eisernem Griff.

Wer ihn zu spüren bekam, kann von Glück reden, wenn er nur blaue Flecken davongetragen hat. Er hat uns das Fürchten gelehrt, der „Lockdown“.

„Hotspot“ – Im Brennpunkt

Doch damit nicht genug. Das neue Jahr begann mit einer erschreckend rasanten Entwicklung aller Corona-Fälle. Und ehe die gegenseitigen Neujahrswünsche verklungen waren, machte sich das nächste Schreckenswort breit: „Hotspot“, im wahrsten Sinne von „Brennpunkt“ in diesem fürchterlichen Pandemiegeschehen.

Die Medien beeilten sich in besänftigender Beruhigungsstrategie. Dass sie sehr von Nöten war und genau so deutlich ignoriert wurde, ist ein anderes Thema. Damit möchte ich mich an dieser Stelle nicht beschäftigen. Wichtiger erscheint mir der dringende Appell an das menschliche Miteinander, an die Fürsorge für den Nachbarn, an die Güte und besondere Aufmerksamkeit im täglichen Umgang, an die Hilfsbereitschaft des Einzelnen.

Nichts ist mehr selbstverständlich, niemand in Sicherheit, absolutes Ende der Sorglosigkeit.

Achtsam bleiben in Corona-Zeiten

Die Jahreslosung für 2021 versucht eine Anknüpfung: „Seid barmherzig“, so geht der Aufruf an die große Christengemeinde. Unser Kirchenblättchen, mit den Worten des Pastors, schiebt nach: „Betrachtet unsere menschlichen Möglichkeiten mit noch größerer Vorsicht, schaut demütig auf das, was wir Menschen wirklich bewegen können. Und haltet fest an der Lebensfreude, an den vergänglichen kleinen oder wichtigeren Ereignissen, die unser Leben reich machen.“.

Mahnende Worte, hören sich gut an, lesen sich leicht, wiegen viel schwerer, wenn sie erlebt werden können. So, wie in der folgenden, kleinen Geschichte.

Unterwegs bei bestem „Mützenwetter“

Der Sturm an unserer Nordküste hatte eine Atempause eingelegt und die Sonne nutzte diese Gelegenheit schnellstens aus, um zu scheinen. Herrlich, sofort sah die ganze Welt anders aus. Umgehend wetterfest gemacht und ab Richtung Strand.

„Bestes Mützenwetter“, hätte der „alte Pfau“ gesagt und sich unter seiner Ohrenklappenmütze versteckt.

Unser Weg führte uns über das ortsansässige Gelände des Alten-und Pflegeheimes im Ostseebad Göhren. Schönes Gebäude, gepflegter Park, große Fenster. Nur ist niemals jemand zu sehen. Noch niemals konnte ich einen der Bewohner hinter den Fensterscheiben entdecken.

„Liegen entweder alle lang oder sitzen irgendwo rum“, denke ich jedes Mal im Vorbeigehen. Dieses Mal aber nicht.

Lockdown für Katzen

Mein Blick für Katzen schläft nie. Ich entdecke sie überall und sie mich auch. Meistens sogar fühle ich mich irgendwie hypnotisch angesprochen, drehe mich um – und schaue in Katzenaugen.

Na bitte: unter dem letzten Fenster dieser Wohnanlage sitzen zwei winterdicke Katzen, eine Graue und eine Pechschwarze, unbeweglich, in Erwartungshaltung.

Worauf warten sie hier?

Der Alte und die Katzen

Die Antwort gibt mir umgehend der Bewohner dieser Fensterecke. Tatsächlich wird das große Fenster geöffnet, ich erspähe einen alten Herrn mit Schal und Mütze (im Zimmer!) und – ich traue meinen Augen nicht – wie er an einer Strippe einen Futternapf für die Katzen zur Erde lässt.

Die kennen diese Zeremonie, ohne Zweifel, possierlich setzt sich eine Katze in Position und rangiert mit den Pfoten den Futterbehälter zur sanften Landung.

Ich fummle eilig am Handy, möchte diese Momente gerne im Foto festhalten, aber der Katzenhunger ist schneller, sie haben fertig. Schon zieht der Opa das Futterkörbchen wieder heim in sein Reich, wie schade… Meine Fotos dokumentieren nur die halbe Geschichte. Weder den barmherzigen Opa, noch die schwarze Katze habe ich erwischt mit meinem Handy.

Aber halt, das Fenster öffnet sich wieder! Und vergnügt höre ich, wie der „Katzenopa“ die Tiere ruft, mit besonderen Lauten sie wieder und wieder lockt, beide sind sofort in Position, gehen down und nieder und warten auf den Nachtisch, der prompt geliefert wird. Darf er das überhaupt? Egal!

“Lockdown“ der etwas anderen Art

Ich bin begeistert. Oben lockt der Opa, unten sitzen down die Katzen. Eine heimliche, aber perfekt eingespielte Gemeinschaft.

So einfach kann das sein, mit dem Lockdown, müssen nur alle mitmachen, aufeinander achten und sich respektieren.

Güte und Barmherzigkeit am Wegesrand. Völlig unbedeutend für mich, sinngebend im Alltag des Heimbewohners, überlebenswichtig für Katzen im Winter.

Eine kleine Geste oder ein kleines Licht am Ende des Tunnels.

Menschen, achtet aufeinander. Oder, wie unser Pastor schrieb: „Haltet fest an der Lebensfreude, an den vergänglichen kleinen oder wichtigeren Ereignissen, die unser Leben reich machen.“.