Steintürmchen an den Stränden der Insel Rügen
In den letzten zwei Jahrzehnten konnte man sie überall an den Stränden entdecken – die Türmchen aus flachen, aufeinander geschichteten Steinen. Sie balancierten auf Ästen, klebten verwegen an den großen Findlingsteinen, schmücken Treibholzreste und sind krönender Abschluss so mancher Sandburg. Während bei den männlichen Erbauern eher ein pioniermäßiger Ingenieurgedanke Gestalt annimmt, flüstert die esoterisch orientierte Dame verzückt: „Oh, ein Glückstein-Türmchen…“.
Beider Hinwendung und Freizeitorientierung hat ihren Platz und Sinn bekommen, aber – was waren sie wirklich, diese Steintürme?
Zeugen aus Stein – Ursprüngliche Bedeutung der Steintürmchen
Überall, wo auf unserer Erde Menschen ohne Kompass unterwegs waren, wo der Weg nur mit Hilfe der Sterne, der Sonne, des Windes und der Vegetation zu finden war, überall dort brauchte der Wanderer eine natürliche Orientierung, einen Fixpunkt, der ihn leitete und führte. Seit uralten Zeiten war es eine Gepflogenheit der Jäger und Wildmarkgänger, an auffallenden Stellen Steinwarten zu errichten, um nicht fehlzugehen.
Wegzeichen aus Stein
Diese Warten stehen wie Steinmännlein und setzen Wegzeichen.
Vorrübergehende legen einen Stein dazu, wenn die Warte nicht mehr stabil genug erscheint oder zu niedrig ist.
Und der nächste fußläufig Reisende wird es ihm danken.
Denn nun wird er ihn finden, den Weg, den bereits Jemand vor ihm ging und auf diese Weise in seinem Verlauf markiert wurde.
Und der Wanderer erfährt die tröstliche Gewissheit: genau hier war vor ihm bereits ein anderer Mensch.
Meine Beziehung zu Steinen
Für mich hatten Steine schon immer eine besondere Faszination.
Jeder Gang am Strand endete mit einer von eingesammelten Steinen schweren Hosentasche.
Schon als Kind konnte ich stundenlang am Spülsaum sitzen und dem Geräusch lauschen, das die Ostseesteine im Rhythmus der Wellen machten.
Wie sie im Wasser bewegt wurden, an den Strand gespült und wieder abgeholt wurden.
Und wie sie glänzten, jeder in einer anderen Farbe, jeder hatte eine andere Form, ich konnte nicht genug bekommen.
Zuhause dann allerdings, wenn die Steine getrocknet waren, verlor sich dieser Zauber unter einer matten, grauen Mütze. Und ich konnte mich wieder von ihnen trennen. Meine Mutter atmete erleichtert auf – bis zum nächsten Tag, bis zum nächsten Strandgang.
Steine und Wellness – „LaStone“
Von dieser Beziehung zu schönen Steinen bis zu einer speziellen Wellness-Behandlung war es nur ein kleiner Schritt. Eigentlich war er selbstverständlich, für mich, als Wellness-Trainerin. Ausgebildet in den unterschiedlichsten Massagebehandlungen, erfuhr ich von einem speziellen Behandlungskurs mit heißen Steinen.
„LaStone – HotStone“ hieß das Zauberwort, was mich regelrecht elektrisierte. Der Kurs war hoffnungslos überfüllt, Massagebehandlung mit heißen Steinen der Hit des Jahres, man müsste sich über einen längeren Zeitraum anmelden.
„Das mag für alle gelten“, dachte ich, „aber nicht für mich“. Denn eins war sonnenklar: Massage und Steine – diese Mischung war für mich erfunden worden.
Ob es der glückliche Zufall fügte oder mein unerschütterlicher Wille, jedenfalls war ich in diesem Lehrgang und konnte die Ausbildung in der Massage mit heißen Steinen absolvieren.
„LaStone“-Massage ist eine komplizierte Prozedur, die ein sehr exaktes Arbeiten am Menschen erfordert, dazu ein Gefühl für starke Wärme und natürlich eine innere Beziehung zu Steinen.
Und ein Behandlungssortiment von insgesamt 54 Steinen unterschiedlichster Gestalt, Größe Gewicht. Nur eines war allen gemein: sie mussten eine absolut glatte Oberfläche haben, keine Kanten und Ecken und sie sollten flach in der Hand liegen.
Wir nannten sie „Seifensteine“, weil sie so geschmeidig in die Handfläche passten, wie ein Stück Seife. Wenn alles so stimmte, spürte der Klient auf der Massageliege nicht mehr den Unterschied zwischen dem Stein und der Hand des Masseurs, er spürte eine ganz besondere Energieübertragung.
„LaStone“ – Steine als Gartenschmuck
Es versteht sich von selbst, dass ich über mehrere Massagestein-Sortimente verfügte, immer wieder kam ein besonders schönes, flachgeschliffenes Exemplar dazu, und ich kannte sie alle beim Namen. Heute schmücken sie unseren Garten. Sie sind im Beet, an den Wegen, umkränzen die Blumenrabatten und ärgern den Rasenmäher, denn, sie sind überall.
Sie bilden Türmchen, kleine Mauern, kreative Steinhäufchen, sind meine abstrakte Kunst am Objekt, sind in jedem Fall schön und für mich der Inbegriff von lebendiger Beständigkeit.